Die Mondlandefähre war
zu instabil, um zu fliegen. Sie hätte unmöglich auf einer schmalen
Schubsäule balancieren können. Jede Bewegung der Astronauten hätte
sie unkontrollierbar ins Taumeln gebracht.
Dieses spezielle Stabilitätsproblem ist so alt wie die Raketentechnik selbst.
Das Beharren der Verschwörungstheoretiker darauf, dass dies speziell für die
Mondlandefähre ein Problem darstellt, zeigt ihren Mangel an Wissen und Erfahrung
im Bereich der Raketenwissenschaft. Tatsächlich muss jede Rakete auf ihrer
"Schubsäule" "balancieren", egal, ob sie nun aufwärts oder abwärts fliegt.
Oder wissenschaftlicher ausgedrückt: der Schubvektor muss jederzeit ziemlich genau
durch das Massezentrum der Rakete zeigen, um ungewünschte Rotation zu vermeiden.
Windböen können jede Rakete plötzlich in die falsche Richtung
ablenken. Und die Abnahme des Treibstoffvorrats verursacht
eine ständige Veränderung des Schwerpunkts. Daher muss jede
erfolgreiche Rakete ihren Schubvektor anpassen, wenn sich der Schwerpunkt
verändert und auch sonst in der Lage sein, Rotationen, die durch innere und
äußere Einflüsse verursacht werden, entgegenzuwirken.
Im Lauf der Jahrhunderte haben die Rakentenwissenschaftler verschiedene geniale
Methoden angewandt, um dies zu erreichen.
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Abb. 1 -Die klassische Rakete benutzt einen hölzernen Stab,
als Heck. Da die Rakete rotiert, zwingt der
Luftwiderstand am Heck sie zurück auf eine gerade Bahn.
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Die klassische frühe Luftrakete in Abb. 1 verbindet die eigentliche
Rakete mit einem langen Stab. Der Stab wird durch die Luft hinterhergezogen
und hilft damit, die Rakete auf einem geraden Kurs zu halten, ähnlich
wie die Heckflossen späterer Raketen. Indem er eine große
aerodynamische Fläche hinter dem Schwerpunkt der Rakete
anbrachte, und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass alle Rotationen
um den Masseschwerpunkt herum geschehen, konnte der Raketenbauer so erreichen,
dass der Luftwiderstand das Heck der Rakete wieder in die Lotrechte hinter dem
Masseschwerpunkt zurückdrückt.
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Abb. 2 -Robert Goddards Rakete von 1926. Die Brennkammer
(A) befand sich oberhalb des Treibstofftanks (B).
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Dr. Robert Goddards frühe Raketen benutzen ein anderes Prinzip.
Abb. 2 zeigt seine Rakete mit Flüssigantrieb von 1926. Treibstoff
ist der schwerste Teil jeder Rakete, also plazierte Goddard ihn unterhalb der
Brennkammer und der Austrittsdüse. Der Düsenschlund ist der
Schubansatzpunkt, also nahm Goddard an, dass der Schwerpunkt (schätzungsweise
irgendwo knapp oberhalb des Treibstofftanks), wenn er darunter hägt, sich
selbst wie ein Pendel unter dem Schub der Rakete stabilisieren würde.
Es stellte sich heraus, dass dies nicht der Fall war: es macht keinen
Unterschied, ob der Schubansatzpunkt sich oberhalb oder unterhalb des Schwerpunkts
befindet. Und da es unpraktisch ist, den Treibstoffvorrat unterhalb der Düse
anzubringen, wo er von den heißen Abgasen getroffen wird, kehrte Goddard zum
traditionellen Aufbau mit dem Treibstoff oben zurück und brachte breite
Heckflossen an, um aerodynamische Stabilisierung zu erreichen.
Das ist passive Stabilisierung -- die Rakete wird so konstruiert, dass
jedes Kippen aus der Bahn automatisch in einer Kraft resultiert, die sie
zurück in die Bahn bringt. Aktive Formen der Stabilisation wurden ebenfalls
in Betracht gezogen, speziell für Rotationskräfte, die die
Korrekturmöglichkeiten der passiven Stabilisation überstiegen.
Das ist extrem wichtig für militärische und andere Raketen, die ihr
Ziel sehr präzise anfliegen müssen.
Die frühen Raketenwissenschaftler erkannten, dass sie, wenn sie
vorhersehen konnten, dass die Rakete kippen würde und schnell genug
eine Korrektur anbringen könnten, sie das Kippen abfangen könnten,
bevor es zu einem verhängnisvollen Taumeln wird. Um das Kippen festzustellen
braucht man einen Bezugspunkt, an dem man die Orientierung der Rakete messen
kann. Dann braucht man eine Möglichkeit, die Rakete zurück auf
ihre vorgesehene Bahn zu rotieren. Und all das muß schnell genug
geschehen, um die Rotation abzufangen, bevor sie zu schwerwiegend wird.
Hier ist eine detailliertere Darstellung,
wie dies üblicherweise bewerkstelligt wird.
ALL DIES ZUSAMMEN IN DER
MONDLANDEFÄHRE
Die aktiven Formen der Stabilisierung waren sehr wichtig beim Entwurf
der Mondlandefähre, da hier keine Luft auf Leitwerke einwirken und
die Rakete neu ausrichten kann, wenn ihre Achse in eine andere Richtung
als ihre Flugbahn zeigt. Aerodynamische Stabilisierung schied aus.
Deshalb erdachten die Konstrukteure der Mondlandefähre ein
ausgeklügeltes computergesteuertes aktives Leitsystem.
Die Mondlandefähre bestand aus zwei Stufen, eine für
den Abstieg und die andere für die Rückkehr in den Mondorbit
und das Rendezvous mit dem Kommandomodul. Der Antrieb der Abstiegsstufe
konnte gedrosselt werden. Er war außerdem
kardanisch aufgehängt und konnte
bis zu 6° seitlich in jede Richtung geschwenkt werden. Und natürlich
gab es ein Set von RCS Düsen.
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Abb. 5 - Schematische Darstellung des primären Steuerungs-
und Stabilisierungssystems der Mondlandefähre. Ein komplett eigenständiges
System kann einspringen, wenn dieses versagt.
Leserliche Version (141 KB).
(Northrop Grumman)
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Sehr wichtig ist auch, dass die Mondlandefähre nicht nur ein sondern zwei
separate computerbasierende Steuerungssysteme besaß. Eines davon basierte auf der
gleichen Hardware wie der Steuerungscomputer des Kommandomoduls. Das andere war viel
einfacher aufgebaut und konnte nur dazu verwendet werden, die Landung abzubrechen
und/oder in den Orbit zurückzukehren. Der Hauptsteuerungscomputer (Abb. 5) war
dafür verantwortlich, die Ausrichtung der Mondlandefähre mehrmals in der
Sekunde zu überprüfen und den Kardan des Antriebs auszurichten, um sie in
der Balance zu halten. Die Behauptung der Verschwörungstheoretiker, dass es das
Fahrzeug aus dem Gleichgewicht gebracht hätte, wenn einer der Astronauten im Cockpit
sein Gewicht verlagert hätte, entbehrt jeder Grundlage. Tatsächlich sah es so
aus, dass wenn einer der Astronauten einen Schritt zur Seite gemacht und damit den
Schwerpunkt der Landefähre verändert hätte, der Computer die notwendigen
Anpassungen bereits ausgeführt hätte, bevor der Astronaut mit dem Schritt
fertig war.
Eigentlich war die Mondlandefäre im Wesentlichen "fly-by-wire".
Die Handsteuerung des Piloten hatte üblicherweise keine direkte Verbindung
zum Antriebskardan oder dem RCS, obwohl es diese Möglichkeit gab. Meistens
wurde einfach dem Computer übermittelt, in welche Richtung sich die
Landefähre bewegen sollte -- links, rechts, vorwärts oder
rückwärts. Der Computer veränderte dann den Kardanwinkel für
die gewünschte laterale Bewegung. Der Pilot mußte nicht manuell die
Balance der Landefähre aufrechterhalten.
Das Problem veränderlicher Masseschwerpunkte in Raketen war
bereits in den 40er Jahren gelöst worden. Es ist einfach nur lächerlich
anzunehmen, dass die Mondlandefähre in dieser Hinsicht irendwelche besonderen
Schwierigkeiten verursachte. Tatsächlich sehen wir weiter unten, dass es in
Wirklichkeit einfacher ist, das Taumeln der Landefähre zu verhindern,
als eine normale zylindrische Rakete zu kontrollieren.
Aber der Antrieb der Aufstiegsstufe
konnte nicht geschwenkt werden. Er war starr. Daher war sie zu instabil um zu fliegen.
Erstens: der selbe Computer, der den Abstieg kontrollierte, kontrollierte
auch den Aufstieg. Das selbe RCS, das an der Kontrolle des Abstiegs beteiligt
war, übernahm die gesamte Lagekontrolle für den Aufstieg. Wenn der Schub relativ
zur Achse die Aufstiegsstufe zum Rotieren brachte, feuerten die RCS-Düsen, um der
Rotation entgegenzuwirken und sie wieder die richtige Lage zu bringen. Daher zeigen Filme
des Aufstiegs anscheinend ein periodisches Schwanken oder Schwingen: das RCS "kämpfte"
gegen den Achswinkel des Aufstiegsantriebs an.
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Fig. 6 - Frontansicht der Aufstiegsstufe der Mondlandefähre
die die Treibstoff- und Oxidationsmittel-Tanks, das Austiegstriebwerk (grau),
die Astronauten und die
RCS-Düsen zeigt.
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Zweitens: die Aufstiegsstufe der Mondlandefähre ist von Natur aus wesentlich
stabiler als eine zylindrische Rakete, was die Trägheit angeht.
(Man beachte, dass eine Rakete, die durch die Luft fliegt, diese Luft
nutzen kann, sich zu stabilisieren.) Abb. 6 zeigt eine Frontalansicht
der Aufstiegsstufe und die Position der Personen und Gegenstände, die
den Schwerpunkt des Fahrzeugs beeinflussen.
Der Aufstiegsantrieb ist innerhalb, nicht unterhalb des Fahrzeugs
angebracht. Dadurch befindet sich der Schwerpunkt sehr nah am
Schubansatzpunkt, was die Rotationskräfte des von der Achse abweichenden
Schubs mindert. Während der ersten Sekunden des Aufstiegs liegen der
Schwerpunkt und der Schubansatzpunkt sehr eng beieinander.
Der massivste Bestandteil eines Raumfahrzeugs wie der Mondlandefähre
ist der Treibstoff. Die Treibstofftanks werden so niedrig wie möglich
montiert und sorgfältig an der Querachse ausbalanciert. (Das Oxidationsmittel
ist dichter als der Treibstoff, daher liegt der Treibstofftank weiter außen).
Obwohl in Abb. 6 nicht zu sehen, sind die Treibstofftanks für das RCS
hinter den Astronauten montiert, was bei der Balance der Längsachse
hilft.
Die Astronauten befinden sich zwischen den Treibstofftanks und sind
beträchtlich weniger massiv. Außerdem wird ihre Bewegungsfreiheit
durch die enge Kabine stark eingeschränkt. Insofern ignoriert die Idee, dass
die Bewegungen der Astronauten einen stabilen Aufstieg verhindern würden, komplett
die Tatsache, dass der wesentlich massivere Treibstoff weiter außen liegt und
durch seine stetige Abnahme einen viel größeren Effekt bewirkt.
Tatsächlich würden die massiven Treibstofftanks die Auswirkungen der
Bewegungen der Astronauten dämpfen oder vermindern, so wie die lange Stange eines
Seiltänzers seine Balance verbessert.
Man beachte außerdem die extrem weit außen liegende Position der
RCS-Düsen. Sie sind an Auslegern montiert, um ihren Hebelarm zu verstärken
(Rotationskraft). Für kleine Rotationen werden die Düsen im "Pulsmodus"
gezündet, der sehr kurze Stöße benutzt.
ANATOMIE DES
TAUMELNS
Die Theorie, wie man eine Rakete auf ihrem Schub ausbalanciert
(unter Vernachlässigung aerodynamischer Effekte), ist ziemlich einfach.
Bei den meisten Raumfahrzeugen sind der Schubansatzpunkt (c.t.) und der
Masseschwerpunkt (c.m.) so angeordnet wie in Abb. 7a.
Der Masseschwerpunkt ist der Punkt, um den das Raumfahrzeug naturgemäß
rotieren wird und der, an dem die Gravitation (so vorhanden) wirkt (Abb. 7b).
Der Schubansatzpunkt ist der Punkt, an dem die Kraft des Antriebs wirkt
(Abb. 7c), im Allgemeinen der Düsenschlund.
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Abb. 7 - Vektordiagram für von der Achse abweichenden
Schub. (a) Die Beziehung zwischen dem Masseschwerpunkt "c.m." und dem
Schubansatzpunkt "c.t." bei einer typischen Rakete. (b) Die Gravitation
wirkt abwärts am Masseschwerpunkt. (c) Ein gut getrimmter Antrieb
richtet seinen Schubvektor gegen den Masseschwerpunkt. (d) Wenn der Schub
von der Achse abweicht, wirkt ein Teil des Schubes als Drehmoment am
Schubansatzpunkt.
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Wenn der Raketenantrieb korrekt getrimmt ist, wird er so geschwenkt, dass
der Schubvektor (T in Abb. 7c) in einer Linie mit dem Schubansatzpunkt und
dem Masseschwerpunkt liegt. Wenn sich allerdings der Masseschwerpunkt
verändert -- z.B. wenn ein Astronaut sich bewegt oder der Treibstoff
in den Tanks schwappt -- weist der Schubvektor nicht mehr in die richtige
Richtung.
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Abb. 8 - Die Auswirkung des Abstands vom Masseschwerpunkt
(c.m.) auf das Drehmoment. (a) Bei größerem Abstand ist das
Drehmoment stärker als bei einem geringeren Abstand (b).
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Wenn dies geschieht, kann man sich T (in geometrischer Hinsicht "zerlegt")
als eine Kombination eines Vektors Tp, der weiterhin in die richtige
Richtung weist und weiter Schub liefert und Tr, der senkrecht zur
Achse wirkt, vorstellen (Abb. 7d). Unser Interesse gilt hier Tr,
weil durch ihn ein Drehmoment oder eine Rotationskraft auf das Raumfahrzeug wirkt.
Ohne Korrektur wirkt diese Kraft weiter, und wird die Geschwindigkeit, mit der das
Raumfahrzeug rotiert, erhöhen. In Abb. 7d lässt die Kraft das
Raumfahrzeug im Uhrzeigersinn rotieren. Wenn die c.m./c.t.-Linie zu einer
Horizontalen wird, wird der Antrieb überhaupt nicht mehr der Gravitation
entgegenwirken. Die Komponente von T, die als Antrieb entlang dieser Achse wirkt --
Tp -- besitzt dann selbst keine Aufwärtskomponente mehr
(Tp bezeichnet die lineare Komponente, Tr die
Rotationskomponente).
Betrachten wir für einen Moment nur die Rotationskomponente Tr.
Wenn der Schubansatzpunkt weit entfernt vom Masseschwerpunkt liegt, wirkt
Tr mit größerer Hebelkraft (Abb. 8a). Bewegt man den
Antrieb näher an den Masseschwerpunkt (Abb. 8b), reduziert man die
Hebelkraft und damit das Drehmoment oder die Drehkraft, die auf das
Raumfahrzeug wirkt. Der Trick, ein Rohr auf den Griff eines
Schraubenschlüssels zu schieben, um damit eine rostige Verbindung
zu lösen, ist eine Anwendung dieses Prinzips.
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Abb. 9 - Schnittzeichnugn der V2-Rakete. Der Masseschwerpunkt
(c.m.) liegt vermutlich nahe am Mittelpunkt der Treibstofftankanordnung,
nach hinten verschoben durch die Masse des Antriebs. (Abbildung mit
Genehmigung von V2Rocket.com)
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Die traditionelle Rakete (Abb. 9) besitzt einen weit oben liegenden
Schwerpunkt. Der Schubansatzpunkt befindet sich immer am Heck. Das
bedeutet, dass sich die traditionelle Rakete wie in Abb. 8a verhält,
bei der das Drehmoment verstärkt wird. Folglich ist von der Achse
abweichender Schub bei traditionellen Raketen ein viel größeres
Problem als bei der Mondlandefähre (Abb. 6). Dort befindet sich
der Schubansatzpunkt etwa auf Kniehöhe der Astronauten. Der sichtbare
Masseschwerpunkt (unsere Schätzung des Masseschwerpunkts basierend auf
dem geometrischen Zentrum des Querschnitts) liegt auf Brusthöhe der
Astronauten. Somit ist die c.m./c.t.-Linie nur etwa einen Meter lang.
Im Verhältnis zur Masse des Fahrzeugs wird von der Achse abweichender
Schub bei der Mondlandefähre ein wesentlich geringeres
Drehmoment haben als bei der V2.
Den größten Anteil an der Masse in der Aufstiegsstufe haben
allerdings die Treibstofftanks, deren Mittelpunkte weit unterhalb des
sichtbaren Schwerpunkts liegen. Dementsprechend verschiebt sich der
Masseschwerpunkt nach unten. Obwohl die Berechnung des tatsächlichen
Schwerpunkts ein sehr komplizierter und mühsamer Vorgang ist,
können wir sicher sein, dass sich der Masseschwerpunkt nicht
höher als in Brusthöhe der Astronauten, sondern wahrscheinlich
viel niedriger -- möglicherweise sogar unterhalb des
Schubansatzpunktes befindet.
Wie kann man behaupten, die
Aufstiegsstufe der Mondlandefähre sei von Natur aus eine wesentlich
stabilere Konstruktion? Das Trägheitsmoment einer zylindrischen Rakete
ist viel größer als das der grob sphärischen Aufstiegsstufe.
Das bedeutet, dass ein zylindrisches Raumfahrzeug dem Drehmoment viel
stärker widersteht als ein sphärisches und damit eine bessere
Konstruktion darstellt.
Gemäß der Physik ist diese Beobachtung zutreffend, allerdings
wird dieser Effekt durch die Position des Antriebs in der Mondlandefähre
und die daraus resultierende beachtliche Abschwächung des Moments
überlagert.
EINEN MOMENT
BITTE
Das "Trägheitsmoment" ist das Rotationsäquivalent der
Masse. Newtons Gesetze der Mechanik sagen eindeutig aus, dass eine
Masse Versuchen, sie in Bewegung zu versetzen (oder sie anzuhalten, wenn
sie sich bereits in Bewegung befindet) Widerstand entgegensetzen wird,
und dass dieser Widerstand proportional zur Masse des Objekts ist.
Ebenso wird eine Masse Versuchen, sie in Rotation zu versetzen,
Widerstand entgegensetzen, und dieser Widerstand ist proportional zu
einer Kombination aus Masse und Form des Objekts. Lange, dünne Objekte
widerstehen Änderungen der Rotation stärker als sphärische
Objekte der gleichen Masse. Für jemanden, der schon einmal Bauholz
getragen hat, ist das intuitiv einleuchtend. Wenn mal ein Brett schultert,
balanciert man dessen Masseschwerpunkt auf der Schulter. Wenn man sich aber
dabei herumdreht, wird man feststellen, dass das Brett die Drehbewegung nicht
mitmachen und wenn es sich dann bewegt, nicht mehr anhalten will.
Die Stabjonglage der Tambourmajore basiert auf dem hohen Trägheitsmoment
solcher Objekte.
Stellen wir uns zwei hypothetische Raumschiffe von identischer Masse und
identischem Volumen vor. Eines davon ist sphärisch, das andere zylindrisch.
Die Länge des Zylinders beträgt das fünffache seines Durchmessers
(willkürlich gewählter Wert). Der Radius des resultierenden Zylinders beträgt
etwa die Hälfte des Radius des sphärischen Raumfahrzeugs.
In diesem Fall hat der Zylinder mehr als das fünffache
Trägheitsmoment der Sphäre. Anders ausgedrückt
würde man fünfmal soviel Drehmoment anwenden müssen,
um die gleiche Rotationsrate wie bei der Sphäre auch beim
Zylinder zu erreichen, obwohl ihre Masse gleich ist.
Aber wie wir oben gesehen haben, liegt die Antwort darin, wie nah am
Schwerpunkt unser Antrieb untergebracht ist. Bei einem zylindrischen
Raumfahrzeug (z.B. einer Rakete) sitzt der Antrieb an einem Ende des
Zylinders. Wenn wir den Antrieb der Sphäre irgendwo an der Oberfläche
unterbringen, wird der Antrieb des Zylinders etwa 2,5 mal soviel
Drehmoment produzieren, weil er so weit vom Schwerpunkt entfernt ist.
Wenn man das Trägheitsmoment mit einberechnet, wird die
Rotationsbeschleunigung der Sphäre bei gleichem achsabweichendem Schub
etwa zweimal so stark wie die des Zylinders sein.
Wenn, wie es bei der Aufstiegsstufe der Mondlandefähre der Fall
ist, der Antrieb innerhalb der Sphäre und damit näher am
Schwerpunkt liegt, wird das vom achsabweichenden Schub produzierte
Drehmoment stark abgeschwächt. Tatsächlich müsste man ihn
nur um die Hälfte des Radius nach innen verlegen, um die Situation
auszugleichen, und wenn man ihn bei 1/3 des Radius anbringt, hat man
eine stabilere Konstruktion als die des Zylinders erreicht, obwohl die
Sphäre Rotation nicht so gut widersteht wie der Zylinder.
Der beste Nachweis für die Stabilität der Mondlandefähre
ist empirisch. Nehmen Sie ein langes Lineal.Versuchen Sie, es senkrecht
auf der Hand zu balancieren. Wahrscheinlich wird das nicht sehr lange
gelingen. Balancieren Sie es jetzt waagerecht und benutzen sie die
Einteilungen als Hilfsmittel um den Schwerpunkt zu bestimmen. Das sollte
Ihnen sehr leicht fallen, und sie sollten sogar in der Lage sein, ihre
Hand hin und her zu bewegen, ohne dass das Lineal dabei kippt. Masse und
Moment sind in beiden Fällen gleich, aber Sie wenden weniger
Drehmoment gegen die Achse an, wenn das Lineal waagerecht liegt.
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